Wenn Sie bis heute dachten: "Top Regattasegeln ist nur etwas für Dynamiker mit Kohle". Vergessen Sie das. Regattasegeln geht auch mit verhältnismäßig wenig Geld, in einer netten Gemeinschaft mit Grillwürstchen und Bier.
Hochrangiger Segelsport, hervorragende Fahrteneigenschaften, eine lockere Atmosphäre, ein nettes Miteinander von Alt und Jung bei gleichzeitig geringen Kosten. Keine Klasse in Deutschland verbindet diese Merkmale so einzigartig wie der Zugvogel. Vor mehr als 50 Jahren, als Sieger in einem Konstruktionswettbewerb der Zeitschrift "Yacht" entstanden, bietet der Zugvogel seit Jahren vielen Seglern eine Menge Segelspaß für geringen Aufwand.
Als ich meinen vorletzten, in die Jahre gekommenen (Kiel-)Zugvogel verkaufte, kam der Käufer mit einem Fahrzeug der Marke Smart daher und zog den Trailer mitsamt Schiff locker von Frankfurt nach Essen. Kein Wunder, wurde der Zugvogel von Ernst Lehfeld 1960 doch ursprünglich als Binnen-Wanderboot entworfen. Die guten Fahrteneigenschaften: schnelles Segeln, leicht trailerbar, nicht zu kippelig und Platz zum Übernachten für zwei Personen, machten die Fahrtenversion des Zugvogels sehr populär. So ersegelte sich beispielsweise der Weltumsegler Wilfried Erdmann kurz nach der Grenzöffnung zur ehemaligen DDR, mit einem Schwertzugvogel, beginnend auf der Schlei, über die Ostsee, rund Rügen, die schönen Bodden und Binnenrevieren der "neuen" Bundesländer. [Wilfried Erdmann, 1997: "Mein grenzenloses Seestück. Jollenfahrt durch Mecklenburg-Vorpommern", Delius Klasing Verlag, ASIN: 3768809862]
Aufgrund der Beliebtheit der Klasse bildete sich schon in den 70'ger Jahre neben der Fahrten-Seglergemeinschaft schnell eine Regattaszene. Spitzen-Segler wie Gerd Eiermann, Thomas Schiffer, Peter Linnekuhl, Heiko Krick, Thorsten Wagner, Werner Fritz und Thomas Jungbluth haben dem Zugvogel Ihren Stempel aufgedrückt und im Laufe der Jahre dafür gesorgt, dass sich der Zugvogel als Regatta-Boot auf dem neuesten Stand der Technik befindet. Regatten werden heute auf allen gängigen Binnenrevieren in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sowie auf der Ostsee zur Travemünder Woche und am Gardasee gesegelt.
Aufgrund der klugen und nachhaltigen Bauvorschriften ist der Zugvogel keine hoch gezüchtete Rennziege, die nur von durchtrainierten Profis am Limit bewegt werden kann. Der Zugvogel kann locker auch von Bürohengsten und Familien-Managerinnen erfolgreich auf Regatten gesegelt werden, da, aufgrund von fehlendem Trapez und Spinnaker, eher die taktisch, technisch und wetterkundig begabten Seglerinnen und Segler im Vorteil sind.
Eine solide Bauweise und die stringente Einhaltung der Vermessungsvorschriften erlauben, dass auch ältere Boote erfolgreich auf Regatten gesegelt werden. So ist beispielweise das Schiff des Deutschen Meisters der Schwertzugvogelklasse 2009 (Manfred Brändle), mit Baujahr 1985, 26 Jahre jung. Diese Wertstabilität ermöglicht auch angehenden Familiengründern, Angestellten, Handwerkern oder Studenten einen relativ preiswerten Einstieg in die Regattaszene. Die Gebrauchtpreise für gut ausgerüstete Boote bewegen sich zwischen 5.000 EUR und 10.000 EUR.
Der Zugvogel kann als Schwert- und Kielausführung gefahren werden. Beide, Schwert- und Kielzugvogel, sind jeweils eigenständige nationale DSV-Meisterschafts-Klassen und in eigenen Klassenvereinigungen organisiert. Der Rumpf ist in beiden Ausführungen identisch und das Boot lässt sich in ein paar Minuten von der einen zur anderen Ausführung umrüsten. Nicht wenige Zugvogel-Enthusiasten segeln daher in beiden Klassen aktiv Regatten.
AF
Vielen Dank an dieser Stelle an Sören Hese, der uns diese tollen Blider zur Verfügung stellt! Mehr Bilder hier: >> Mehr Bilder!